Fahrzeugschutz

Vom Abschnittsdienst bis zur Hundertschaft sind Fahrzeuge für die Berliner Polizei zu einem unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Jene Fahrzeugtypen, die für eine Verwendung mit „besonderer“ Beanspruchung vorgesehen sind, sind oftmals mit speziellen Fahrzeugschutzsystemen ausgestattet. Dennoch werden die Einsatzfahrzeuge häufig Opfer von Angriffen. Hierzu gibt es eine passend benannte Datenbank zur „Erfassung und Darstellung der Entwicklung der Schadenshäufigkeit an Dienstkraftfahrzeugen der Berliner Polizei“ (genannt “SCHADE”).

Ortungsdienste

In rund 2.500 der neueren Fahrzeuge der Polizei ist in den darin verbauten Digitalfunkgeräten ein GPS-Empfänger eingebaut. Diese Daten werden zwar nicht konstant und standardmäßig aufgezeichnet – außer beim BvkD bei Staatsbesuchen -, aber die Protokolldateien werden bis zu einem Monat vorgehalten.

Durchstichschutz

Der Durchstichschutz soll verhindern, dass die Hülle eines Fahrzeuges durch stumpfe Gewalt durchschlagen wird. Hierzu wird die Karosserie von innen mit elastischem Glasfasergewebe, Polycarbonat- oder Metallplatten verkleidet, die ein Durchbrechen behindern. Moderner Durchstichschutz hält Äxten und Präzisionsschleudern stand, verhindert jedoch in den wenigstens Fällen, dass die Außenhaut der Karosserie z.B. durch Steinbewurf (Kleinpflasterstein aufwärts) eingedellt wird.

Hochdruckscheibenwaschanlage

Der Besatzung die Sicht zu nehmen, ist eine der simpelsten Methoden, um ein Fahrzeug ohne physische Gewalteinwirkung außer Gefecht zu setzen. Scheibenwaschanlagen tun sich schwer damit, starke Verschmutzungen (z.B. durch Farbbeutel, Spraydosen) zu beseitigen. Scheibenwischer verschmieren sie lediglich über das ganze Sichtfeld. In Zeiten, wo entsprechende Fahrzeuge nicht selten regelrecht gepanzert sind, wissen auch die Hersteller von Fahrzeugschutzsystemen um diese Schwachstelle und bieten Scheibenwaschanlagen an, die unter Hochdruck arbeiten, um frische Verschmutzungen stärker anzugehen.

Vergitterung

Gitter sollen Fahrzeugscheiben vor stumpfer Gewalteinwirkung schützen. Bei Fahrzeugen neueren Baujahres werden sie – und selbst das selten – nur noch zum Schutz der Frontscheibe verwendet, weil diese im Gegensatz zu den Seitenscheiben oftmals nicht aus moderner Kunststoffverglasung gefertigt ist. Der Grund dafür liegt in deren Anfälligkeit gegenüber Zerkratzen und hohen Anschaffungskosten. Folglich besitzt die Scheibe hinter dem Gitter oftmals weniger Widerstandsfähigkeit, als die restliche Verglasung. Die Abstände zwischen den Streben der bisher verwendeten Gitter beträgt ca. 5 cm. Auf Baustellen oft zur Befestigung von Absperrband genutzte „Absperrleinenhalter“ gehen locker durch.

Verbundglasscheiben

Frontscheiben von Autos bestehen in der Regel aus Verbundglas. Verbundglasscheiben sind mehrlagige speziell geformte Scheiben, die bei stumpfer Gewalteinwirkung (z.B. Steinbewurf) zwar splittern und ihre Stabilität verlieren, durch eingelegte Kunststofffolien o. dünne Schichten aus Polycarbonat jedoch weiter zusammen gehalten werden. Hintergrund sind von Autobahnbrücken geworfene Steine, die nicht direkt zum Tod führen sollen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Verbundglas auf Anhieb von einem Stein durchschlagen wird, ist gering. Sobald die Scheibe jedoch gesplittert ist, nimmt die Widerstandsfähigkeit gegenüber folgenden Einwirkungen rapide ab, da sie an betroffenen Stellen nur noch durch die „Einlage“ zusammen gehalten wird.

Kunststoffscheiben

In früheren Jahrzehnten waren Gitter in Berlin die erste Wahl, um Fahrzeugverglasungen vor stumpfer Gewalteinwirkung zu schützen. Mittlerweile treten teilweise Kunststoffscheiben an ihren Platz. Dabei handelt es sich meist um die Seitenscheiben. Sie bestehen überwiegend aus Polycarbonat (auch Lexan genannt), einem Material, das eine hohe Schlagzähigkeit aufweist. Kleinpflastersteine prallen davon ab – ohne der Struktur zu schaden. Nur brachiale Gewalteinwirkung (Backsteine, Verkehrsschilder) kann die Scheibe beschädigen. Weist eine Scheibe einen Sprung auf, reduziert sich die Schlagabsorption stark. An den Ecken und Rändern einer Scheibe ist die Elastizität geringer (d.h. stumpfe Gewalteinwirkung wird weniger abgefedert), als in der Mitte. Daher zeigt sich die Verglasungen hier anfälliger und es entstehen leichter Durchbrüche und Risse. Die Schutzwirkung von Polycarbonat/Lexan beruht nicht allein auf der Härte des Werkstoffes (Glas ist z.B. auch hart), sondern eben auf der Kombination von Härte und Elastizität. Polycarbonat-Verglasungen stellt z.B. „Trösch Autoglas“ her.

Vor allem an GruKw wird dieser Schutz an den (Seiten-)Scheiben genutzt. Für die Streifeneinsatzwägen wird der Einsatz noch erprobt. Das Polycarbonat steht dabei in Konkurrenz zu Splitterschutzfolie, die in jüngerer Zeit überwiegt. Die Gründe dafür, dass weiterhin nur Fahrzeuge mit Polycarbnatscheiben ausgerüstet werden, bei denen die Wahrscheinlichkeit einem massiven Bewurf ausgesetzt zu werden, besonder hoch ist und nicht jedes Fahrzeug im Streifendienst, sind zweierlei: Zum einen ist das Lexan anfällig gegenüber Zerkratzen. Es wird im Laufe der Zeit milchig und spröde. Dies ist anschaulich zu beobachten bei alten Wannen und alten T4, die noch in geringen Zahlen bei einigen Hundertschaften herumkurven. Unter der Alterung leidet aufgrund der getrübten Sicht sowohl die Verkehrssicherheit, als auch die Schutzwirkung gegen äußere Gewalteinwirkung, da das Material zugleich an Elastizität verliert. Zum anderen haben es Rettungskräfte bei einem verunfallten Fahrzeug mit Polycarbonatscheiben schwer, mit herkömmlichem Gerät ins Innere zu gelanden. Die damit ausgestatteten Fahrzeuge verfügen daher in der Regel u.a. über eine Notausstiegsluke auf dem Dach, welche den Retter:innen Zugriff und Bergung von außen ermöglicht. Verglasung mit Splitterschutzfolie lässt sich dagegen im Havariefall leichter entfernen und die Insass:innen evakuieren. In den 1990er Jahren kam es in Westdeutschland wohl mal zu einer verheerenden Karambolage zweier GruKw während einer Kolonnenfahrt auf der Autobahn. Ersthelfer:innen, aber auch die hinzu kommende Feuerwehr, konnten den schwerverletzten und zum Teil bewusstlosen Insass:innen lange keine Hilfe leisten. Bei einem Fahrzeug, bei dem die Wahrscheinlicheit größer ist, dass es im alltäglichen Streifendienst verunfallt, als dass es in einem anhaltenden Steinhagel gerät (weil z.B. bei Riots, Demos, etc. eingesetzt), werden daher Schutzfolien, die letztlich nur den einen oder anderen Stein wirksam aufhalten, vorgezogen.

An sämtlichen Autoscheiben geben kleine Siegel Auskunft über das verwendete Material.

Vergleich Lexan-Glas und normales Glas.

Splitterschutzfolie

Im Jahr 2016 wurden als Reaktion auf vermehrte Attacken aus dem Hinterhalt mit Steinen, bei denen sich einige Bullen durch umherfliegende Glassplitter verletzten, als Probelauf einige Streifenwagen der Direktion 5 in Friedrichshain und Kreuzberg mit Splitterschutzfolien ausgestattet. Seit Januar 2017 sollen alle neu beschafften Streifenwagen in Berlin mit dieser ausgestattet werden. Dies betrifft sowohl die Funkwagen der Abschnitte als auch die Fahrzeuge des Zentralen Objektschutzes. Dabei geht es um die Seitenscheiben sowie – zumindest gefordert – die Heckscheiben. Bei den Sicherheitsfolien handelt es sich um Klebefolien (bzw. im Fachsprech “nachträgliche Beschichtung von Fahrzeugscheiben mit der PROFILON® AM A1”), die auf normale Autoglasscheiben geklebt werden, damit Steine nicht durchfliegen (“das Risiko von Blitzeinbrüchen, Vandalismus, Durchwurf und anderen äußeren Angriffen [wird] vermindert”). Die Splitterschutzfolien verhindern also nicht, dass die Scheiben zu Bruch gehen, sondern “nur”, dass das Wurfgeschoss auf Anhieb ins Innere durchschlägt und umherfliegende Splitter die Insass:innen verletzen. Hergestellt werden die Folien von der Münsteraner Firma Haverkamp GmbH. Die Kosten liegen pro Fahrzeug bei zwischen 1.700€ und 2.000€.

Notlaufbereifung

In den 80er Jahren wurden experimentell einige Wannen mit Vollgummireifen nachgerüstet, nachdem es gehäuft vorkam, dass Fahrzeuge durch Reifenschäden im Einsatz liegen blieben. Ursächlich war, neben direkter Einwirkung durch das „polizeiliche Gegenüber“, oft das Fahren über lose herumliegende Kleinpflastersteine. Entgegen anders lautender Gerüchte kamen Vollgummireifen jedoch nie über die Erprobung hinaus. Sie hatten eine derart negative Auswirkung auf die Fahreigenschaften (weniger Sicherheit, Tempo und Zuladung), dass nur eine handvoll Wannen der EbLT umgerüstet wurde. Heute gibt es Alternativen: Moderne Fahrzeuge verfügen über Bereifung mit Notlaufeigenschaften. Die Ummantellung von Notlaufreifen verfügt über eine Struktur, die es dem Fahrzeug auch noch mit platten Reifen ermöglicht, mehrere hundert Kilometer mit einer Geschwindigkeit von ca. 80Km/h zurückzulegen, bevor ein Reifenwechsel erforderlich wird. Der Reifen ist danach aber trotzdem im Eimer.

Der Hochrüstung zum Trotz

Die so manches Bullenauto auf den ersten Blick unantastbar erscheinen lässt, gibt es bisweilen identische Schwachstellen, an beinahe sämtlichen Fahrzeugmustern.

Bezüglich der Blaulichtanlage lässt sich feststellen: Seit Mitte der 90er Jahre verzichten die Bullen bei Fahrzeug-Neubeschaffungen auf das Anbringen von Schutzgittern an den Blaulichtern. Diese Schwachstelle betrifft also das Groß der derzeit verwendeten Fahrzeugmuster. Schon ein gezielter Kleinpflasterstein kann die Ummantelung ihrer Blaulichtanlage zum Zerbersten bringen. Dies gilt ebenso für die Einwirkung mit anderen stumpfen Gegenständen, wie z.B. Fahnenstangen und unter erhöhtem Verletzungsrisiko auch durch die behandschuhte (!) Faust.

An beinahe sämtlichen Außenspiegeln, die von der Berliner Polizei zur Zeit verwendet werden, genügt schon ein gekonnter Tritt, um sie abzuknicken. Außerdem sind die Spiegelflächen ungeschützt. Unter stumpfer Gewalteinwirkung (z.B. mit Fahnenstangen, Steinen) zersplittern sie leicht und werden damit unbrauchbar.

Aufschaukeln/Umkippen: Ist wesentlich nachhaltiger, weil dazu geeignet, ein Fahrzeug zumindest vorübergehend vollkommen außer Funktion zu setzen. Doch selbst mit vereinten körperlichen Kräften wird es vielen Menschen, abhängig von ihrer jeweiligen körperlichen Verfassung, nur schwerlich gelingen ein tonnenschweres Fahrzeug auf Anhieb umzukippen (heißt nicht, dass es nicht möglich ist). Allerdings lässt sich der nötige Kraftaufwand durch vorheriges Aufschaukeln reduzieren. Das heißt, das Fahrzeug wird durch wiederholtes „Schubsen“ im Takt zunehmend heftiger ins Pendeln versetzt, sodass es letztendlich nur noch einen geringen Kraftaufwand bedarf, um es zusammen mit dem Schwung einer Pendelbewegung zu kippen. Dabei gilt, je höher der Schwerpunkt des Fahrzeugs liegt, desto leichter lässt es sich aufschaukeln. Angesichts „weicher“ Stoßdämpfer an modernen Fahrzeugen, stellt dies auch kein allzu großes Problem dar. Einziger Faktor, der beachtet werden muss, ist die Zeit, die der Vorgang in Anspruch nimmt: Je nachdem, wieviele Menschen mit vereinten Kräften mitwirken, wie schwer das Fahrzeug ist und wo sein Schwerpunkt liegt, kann dies 1-2 Minuten dauern. Merke: Ein Mannschaftswagen (hoher Schwerpunkt) ist dank der Möglichkeit des Aufschaukelns und trotz seines erheblich größeren Eigengewichts, nicht wesentlich schwerer umzukippen, als ein leichterer PKW (tiefer Schwerpunkt).