Einzelfälle: Nazis in Uniform

Die Berliner Polizei hat gegen einen Zivilbeamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Nach Angaben der Polizei vom Dienstag trug der Mann bei einem Einsatz am Rande der Demonstration “70 Jahre nach der Reichspogromnacht/Gegen Antisemitismus” als Zivilbeamter Kleidung der Marke “Thor Steinar”. Die Marke wird bevorzugt in der rechten Szene getragen.

Nach Darstellung der Einsatzkräfte ging aus einer etwa 50-köpfigen Personengruppe heraus ein Demonstrant auf den Zivilpolizisten zu und schlug ihm mit der Faust gegen den Oberkörper. Die Festnahme des Angreifers wurde von der Personengruppe verhindert. Dabei wurden der 29-Jährige sowie ein weiterer Zivilbeamter durch Faustschläge und Fußtritte attackiert. Der Tatverdächtige konnte unerkannt entkommen.

Die beiden Zivilbeamten mussten durch uniformierte Kräfte in Sicherheit gebracht werden. Es wurde eine Strafanzeige wegen Verdachts des besonders schweren Landfriedensbruchs erstattet. Nach diesem Vorfall teilte der Versammlungsleiter dem Einsatzleiter der Polizei mit, dass der 29-jährige Zivilbeamte Kleidung der Marke “Thor Steinar” unter seinem beim Einschreiten geöffneten Parka trug.

taz, 9.11.2008
Bodo Pfalzgraf mit der SPD-Chefin Franziska Giffey
Bodo Pfalzgraf und SPD-Chefin Franziska Giffey

Bodo Pfalzgraf

Pfalzgraf ist der Landesvorsitzende der DPolG (“Deutsche Polizeigewerkschaft”). Neben einem denkwürdigen Auftritt mit einem Eisbein ist er für seine Mitgliedschaft bei den extrem rechten Republikanern (REP) in den 1990er Jahren bekannt. Er war auch Mitgründer des “Hoffmann-von-Fallersleben Bildungswerk”, das als “Verein rechtsextremer Funktionäre und Kader mit Sitz in Berlin” beschrieben wird, “der es sich zur Aufgabe machte, unterschiedlichste nationalistische Gruppen und Aktivisten mit ideologischem Rüstzeug zu versehen und miteinander zu vernetzen” (Wikipedia). Andere Gründungsmitglieder waren mehrere Neonazis u.a. mit Kontakt ins Umfeld des “Nationalsozialistischen Untergrund” (NSU) oder Posten in der NPD.

Stefan Kollmann

Stefan Kollmann

Langjähriger Mitarbeiter der “Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus” (EG Rex) in Neukölln, neben der Begleitung von rechten Demos auch Ansprechpartner für die Betroffenen von rechter Gewalt im Bezirk. Im Frühjahr 2018 schwerer rassistischer Angriff am S-Bahnhof Karlshorst. Der Überlebende des Angriffs wurde rechtswidrig nach Afghanistan abgeschoben, bevor es zum ersten Anlauf eines Gerichtsverfahrens kam. Kollmann ist weiter aktiver Streifenpolizist am Abschnitt 48 in Neukölln.

Zarah Pulver bei der Jungen Union
Zarah Pulver bei der Jungen Union

Zarah Pulver & Sebastian Kayser

Im Sommer 2016 wurde die Observation des Breitscheidplatz-Attentäters eingestellt und das LKA konzentrierte sich im Wahlkampf voll auf den rebellischen Nordkiez. Dies basierte vor allem auf einer Lageeinschätzung zum Nordkiez aus der Feder von Zarah Pulver von der Auswertungseinheit beim Staatsschutz (LKA 52 AE), wie Zeit Online recherchiert hat.

Ein Jahr später holte sich Pulver aus der Polizeidatenbank die Adressen von Linken aus dem Nordkiez um sie ihrem Lebensgefährten Sebastian Kayser zu übergeben. Kayser schickte ihnen dann Drohbriefe, die er am Arbeitsplatz ausgedruckt hatte. Aus seiner Zeit beim Staatsschutz wurde auf seinem Computer auch eine Präsentation des MEK A/OD (LKA 642 “PMS-links”) gefunden mit dem Titel “Nervensägen” sowie den Namen, Fotos und persönlichen Daten von dutzenden Linken. Zur “Strafe” wurde Kayser an den Abschnitt 51 versetzt, der passenderweise für den Nordkiez zuständig ist.

Pulver durfte beim Staatsschutz bleiben und arbeitete danach eng mit dem rechten Oberstaatsanwalt Matthias Fenner zusammen (Leiter Abteilung 231), der 2020 wegen der Verwicklung in den Neukölln-Komplex versetzt wurde. Diese Zusammenarbeit zur Kriminalisierung des Nordkiezes ist auf dem Verfahrengebiet-Blog dokumentiert.

Andreas W.

Anfang 2018 wurde durch Zufall der LKA-Beamte Andreas W. (oder auch “Pit W.”) vom Verfassungsschutz beim Besuch der rechten Kneipe “Ostburger Eck” in Rudow beobachtet, was auch dem LKA gemeldet wurde und letztendlich in der Presse landete. Seitdem immer weitere sich widersprechende Infos: Mal soll er dort den Nazi Sebastian Thom und dessen Kameraden getroffen haben und mit Thom weggefahren sein, mal soll der VS dort W.s Begleiter nur mit Thom verwechselt haben. Mal soll W. an der sonstigen LKA-Observation dieses Nazis Thom beteiligt gewesen sein, mal soll er lediglich Szenekundiger für Organisierte Kriminalität beim LKA 64 gewesen sein. Eine Geschichte, die vorne und hinten stinkt.

Michael Weinreich

Michael Weinreich arbeitete lange beim Staatsschutz und war dort mit Rechtsrock-Verfahren beschäftigt. Er war u.a. an der Führung einer V-Person im Umfeld des “Nationalsozialistischen Untergrund” (NSU) beteiligt, die mehrmals direkte Hinweise auf das NSU-Kerntrio gegeben hat. Ärger bekam Weinreich aber erst, als er die Neujahrsgrüße an seinen Vorgesetzten mit einer 88 für “Heil Hitler” unterschrieb.

Andreas Tanjsek
Andreas Tanjsek

Andreas Tanjsek

Andreas Tanjsek bewegt sich im Umfeld der Neonazibruderschaft “Hammerskins” und war von 1990 bis 2017 in Berlin Polizist. Er wurde 2007 suspendiert und letztlich gekündigt. 2011 war er wegen dem Mitvertrieb eines Albums der Berliner Rechtsrockband “Deutsch, Stolz, Treue” angeklagt. Gekündigt wurde ihm wegen Fotos mit Hakenkreuzfahne und Hitlergruß, und wegen seiner Tattoos: diverse Runen, Noten des Horst-Wessel-Lieds und Logos von Rechtsrockbands. Mehr Informationen zu Andreas Tanjsek und seinen Aktivitäten gibt es bei Exif Recherche.

Edmund H.

Vollzugsbeamter bei der Brennpunkt- und Präsenzeinheit (BPE) der Dir 5 City. Er erregte 2015 kurzzeitig Aufmerksamkeit, weil er Weihnachtsgrüße wie “Ho-Ho-Holocaust” an Kollegen verschickte. Dabei kam auch raus, dass H. vorher beim Staatsschutz gearbeitet hatte und mit der Bearbeitung von rechten Straftaten beauftragt war.

Heiko Freundlich

Eine der unzähligen rechten, rassistischen und antisemitischen Cop-Gruppen die 2020 aufgedeckt wurden, ist das Onlineforum net4cops.de. Von Cops, für Cops, Anmeldung nur mit Dienstadresse. Mehrere Beamte ließen hier so richtig die Sau raus, unwidersprochen von den Admins und über 700 registrierten Usern. Einer der beiden Betreiber: Heiko Freundlich, Polizei Berlin, LKA 72. Das ist die “Zentralstelle Cybercrime”, die sich u.a. mit Kommunikationsüberwachung und Auswertung beschäftigt.

F. & W. & Tobias P.

Bei einem Basketballspiel in der O2 World fiel eine Gruppe von Polizeischülern durch Affengeräusche gegenüber Spielern, “Ausziehen” Rufe gegenüber Cheerleader*innen und mehrere “Sieg Heil” Rufe auf. In der ersten Instanz wurden drei von ihnen zu 30 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt, zwei legten Berufung ein und wurden freigesprochen. Noch vor der ersten Gerichtsverhandlung wurden zwei der Angeklaten in den Polizeidienst übernommen, obwohl ihre rassistischen Taten und rechte Einstellung bekannt waren.

Stefan Wischniowski

Stefan Wischniowski

Wischniowski ist ein IT-Forensiker beim Kriminalistischen Institut beim BKA am Treptower Park, der 2020 beurlaubt wurde, weil er an mehreren Demos der “Identitären Bewegung” (IB) teilgenommen hat. Die Presse berichtet auch von rassistischen Sprüchen im Dienst. Sein Vorstandsamt in der AfD Neukölln, wo er mit Neonazis zusammengearbeitet hat, rundet das Bild ab.

Detlef Moritz

Detlef Moritz

Am Abend des Breitscheidplatz-Attentats 2016 teilte Detlef Moritz Polizeiinterna in einer Chatgruppe der Neuköllner AfD u.a. mit den Nazis Thilo Paulenz und Christian Blank. In der gleichen Chatgruppe war er auch an Absprachen beteiligt zu einem Buchladen der kurz danach angegriffen wurde. Moritz ist Sicherheitsbeauftragter der AfD Neukölln, 2017/2018 sogar ihr Vizechef, und bis 2020 Wachhabender beim Polizeiabschnitt 35 Johannisthal.

Marc Bernicke bei Bärgida-Demo

Marc Bernicke

Marc Bernicke ist seit 2019 Landesgeschäftsführer der AfD Berlin. Zuvor war er Polizist auf Probe beim Abschnitt 21 in Spandau. Er wurde gekündigt, weil er in den Landesvorstand der “Jungen Alternative” gewählt wurde, die kurz vorher vom Verfassungsschutz zum Verdachtsfall erklärt wurde. Bernicke war außerdem Aktivist der Berliner “Identitären Bewegung” (IB), Teil einer frühen IB-Clique und an IB-Demonstrationen beteiligt.