Wasserwerfer sind mit Wasserkanonen ausgerüstete Fahrzeuge, die von der Polizei im Allgemeinen zur Räumung von Straßen, Plätzen und sonstigem Gelände eingesetzt werden. Dabei dürfen in Berlin auch Tränengase wie CN beigemischt werden. (Dies wurde aber seit Jahrzehnten nicht mehr gemacht.) Über die Kanonen auf dem Dach kann das Wasser wahlweise als Sprühregen, Wassersperre oder als gezielter Wasserstoß mit einer maximalen Anzahl von 20 Bar abgegeben werden. Die Berliner Polizei besitzt 4 WaWe 10 000 (Hersteller: Rosenbauer) und 2 ältere WaWe 9 000. Dabei hat der WaWe 10 000 seinen Vorgänger WaWe 9 000 wohl abgelöst. Die beiden verbleibenden Fahrzeuge dienen als Reserve. Ein Wasserwerfer kostet ca. 1 Million Euro und wird aus Bundesmitteln finanziert. In Berlin sind ca. 40-50 Mitarbeiter*innen dazu ausgebildet und fähig einen Wasserwerfer zu bedienen. Die WaWe sind bei den Technischen Einheiten der Einsatzhunderschaften angesiedelt. Sie werden mit dem Landeskürzel BE und einer einstelligen Zahl zwischen 1-5 gekennzeichnet.
Die Polizei nutzt Wasserwerfer vor allem dann, wenn sie sich unkontrollierbaren Einsatzlagen gegenüber sieht. Der Wasserwerfer soll Gegendruck aufbauen, um Raum zu gewinnen und diesen besser kontrollieren zu können. Blockaden sollen richtig unangenehm werden und sich dadurch aufgelösen. Hin und wieder löscht ein Wasserwerfer auch einen Brand, wie z.B. die Barrikaden in der Rigaer ’94 (siehe oben).
Der WaWe wird für die Demonstrierenden richtig gefährlich, wenn sie von gezielten Wasserstößen aus kurzer Distanz (5-10 m) getroffen werden. Aber allein schon die Anwesenheit eines Wasserwerfers soll einschüchtern. Besonders der WaWe 10 ist monströs – 10 m lang und fast 4 m hoch; ein passender Begleiter für die Robocop-Hundertschaften, denen mensch auf einer Demo gegenübersteht. In Berlin wird die Wasserkanone selten tatsächlich eingesetzt: Einerseits, weil er nicht besonders flexibel und rangierfähig ist; andererseits weil der Einsatz die Gewalt durch die Polizei offenlegt und politisch leichter skandalisiert werden kann.
In den Dienstvorschriften ist festgehalten, dass dem Einsatz der Wasserkanone eine Räumungsaufforderung über Lautsprecher vorausgehen muss. In der Regel drei Mal. Zu beachten ist noch, dass die WaWe trotz dessen sie für den Einsatz an „vorderster Front“ vorgesehen sind, nicht mit Räumschilden ausgestattet werden können. Die Fahrzeuge sind zwar geländegängig, zum Räumen enger Straßen sind sie jedoch zu sperrig und zu schlecht zu manövrieren. Deshalb werden sie in solchen Situationen in Kombination mit dem gepanzerten Räumfahrzeug SW4 eingesetzt oder sind auf die Unterstützung von Fußtrupps angewiesen.
WaWe 10 000
Das Fahrzeug verfügt über zwei Front- (65 Meter) und einen Heckwerfer (50 Meter), die aus einem (beheizbaren) 10.000 Liter Wassertank gespeist werden. Diese 10.000 Liter sollen innerhalb von 3 Minuten verschossen werden können. Bis zu 120 Liter CN/CS können durch 2 Digidos-Zumischsysteme per Knopfdruck beigemischt (Zumischraten von 0,1 bis 1,5 Prozent) und dann als Aerosol ausgegeben werden. Jeder Werfer verfügt über einen Entfernungsmesser und eine Videokamera. Die Pumpanlage für die Werfer wird durch einen eigenen Motor angetrieben (Deutz TCD 2012L06), damit wie beim Vorgängermodell auch von jedem Fahrzustand unabhängig Wasser verschossen werden kann. Drei weitere schwenkbare Kameras befinden sich an der Fahrzeugfront und am Heck.
Anordnung und Aufgabenverteilung der fünfköpfigen Fahrzeugbesatzung entsprechen der des WaWe 9: vorne links der*die Fahrer*in, rechts daneben ein*e Polizist*in, die*der sich um die Video- und Audiodokumentation kümmert, dazwischen thront die*der Kommandant*in vor ihren*seinen Monitoren und leitet zwei Beamt*innen an, die hinter ihm sitzend per Joystick die Strahlrohre bedienen. Die Aufnahmen des Einsatzes werden auf einer Festplatte gespeichert. Der WaWe ist sogar mit Außenmikrofonen ausgestattet, um die Lautsprecherdurchsagen aufzunehmen und auf ihre Verständlichkeit zu überprüfen. Kommentar eines Bullen dazu: “Wenn die draußen anfangen zu johlen, kann niemand später sagen, hier drinnen wurde genuschelt.”
Gegen Stein- und Farbbeutelwürfe verfügt das Fahrzeug über Durchstichschutz und Lexanverglasung. Am oberen Rand der Verglasung befindet sich eine Hochdruckscheibenwaschanlage. Der WaWe 10 ist auch gegen schwerere Geschütze gefeit: Die Fahrzeugoberfläche ist abschüssig konstruiert, damit Gegenstände (z.B. Brandsätze) nicht darauf liegen bleiben. Die glatten Außenwände sollen verhindern, dass Personen auf den WaWe klettern können. Ferner existiert eine Feuerlöschanlage, welche die Außenhaut des WaWe 10 bei Bedarf mit Wasser benetzt. Die Bereifung verfügt über Notlaufeigenschaften. Einziges Manko: Ein Wendekreis von 20 Metern.
Der Hersteller wirbt zudem mit einer Durchschlagresistenz gegen Bewurf mit Gehwegplatten aus bis zu 12 Metern Höhe. Allerdings traten bei einer Vorführung durch die Polizei Thüringen im Jahre 2014 Probleme auf: Polizist*innen bewarfen den Wasserwerfer dabei mit Eiern, Tennisbällen und halbvollen PET-Flaschen. Dabei erlitt die Polycarbonat-Panzerverglasung des Polizei-Fahrzeugs faustgroße Schäden. Eine Erklärung konnte die Landespolizeidirektion nicht liefern. Die Einsatzfähigkeit wurde dadurch aber leider nicht beeinträchtigt.
Dieses Video zeigt komplett das Innenleben von WaWe 10 der BP.
WaWe 9 000
Neben zwei 360° drehbaren Wasserkanonen auf dem Dach verfügen sie vorne und hinten auf Höhe der Stoßstange über kleinere schwenkbare Wasserdüsen, die den Nahbereich an Front und Heck abdecken. Die Reichweite der dachmontierten Wasserkanonen beträgt maximal 65 Meter, gespeist werden sie aus einem 9000 Liter fassenden Tank (daher WaWe 9), der sich hinter der Fahrerkabine befindet. Bei maximaler Spritzleistung reicht der Wasservorrat für knapp 4 Minuten im Dauerbetrieb. Ein sicheres Indiz für die Einsatzbereitschaft der Kanonen sind die am hinteren Ende der Fahrzeugkabine aufsteigenden Abgase der eingeschalteten Pumpenmotoren. Ohne Abgase gibt es so schnell auch keinen Wasserstoß. Die Spezielle Kunststoffverglasung aus Lexan und die Hülle des Fahrzeugs zeigen sich unempfindlich gegen Steinwürfe. Darüber hinaus existieren zwei Notausstiegsluken auf dem Dach, eine Hochdruckscheibenwaschanlage an der Front und sämtliche Reifen verfügen über Notlaufeigenschaften. Wendekreis aber 17m.
Die Bundespolizei wird in Berlin regelmäßig bei Demonstrationen tätig (sog. Amtshilfe), dabei bringen sie auch ihre eigenen Wasserwerfer mit. Die Bundespolizei besitzt 15 eigene WaWe 10 000. Berliner*innen kommen meist mit den Beamt*innen aus Blumberg-Ahrensfelde in Kontakt; ihre WaWe tragen die Kennzeichnung BLU.