Repression ist das Mittel zur Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse, dass mensch davon abhalten soll das zu tun, was er*sie politisch für richtig hält. Repression will uns also einschüchtern und davon abhalten politisch aktiv zu sein. Das kann sich durch körperliche Polizeigewalt äußern, durch psychischen Druck oder durch Strafverfahren. Obwohl es Einzelpersonen trifft, ist es wichtig sich bewusst zu machen, dass es dem Staat nicht um die Einzelperson geht, sondern um die politische Bewegung und unsere Überzeugungen. Auch wenn die Antirepressions-Tipps sehr von eurer Aktionsform und eurem Aktionslevel abhängen, soll es hier einen kurzen Überblick geben.
Beweismittel
„Beweismittel“ entsorgen: Seid ihr auf einer Demo unterwegs und befürchtet deshalb strafrechtliche Konsequenzen, entsorgt mögliche Beweismittel frühzeitig.Trotz unübersichtlicher Szenen auf Demos und Aktionen neigen die Cops dazu, viel zu filmen. Außerdem gibt es immer Schaulustige mit Handykameras. Um euch vor einer späteren Strafverfolgung zu schützen, solltet ihr jegliche Beweismittel wie z.B. Kleidungsstücke, Schuhe oder sonstige Accessoires (bunte Handschuhe, Mütze, Cap, Uhren) entsorgen die euch belasten könnten, eine Straftat begangen zu haben. Je nach Interesse der Cops werden Hausdurchsuchung zur Auffindung solcher Gegenstände angeordnet. Falls ihr Videoaufnahmen auf eurem Privathandy gemacht habt, solltet ihr diese löschen/ den Speicher überschreiben (durch Aufnehmen eines “leeren” Videos bis der Speicher voll ist bsplw.) oder aber verschlüsselt absichern. Generell ist zu empfehlen das Handy bei Aktionen angeschaltet zuhause zu lassen.
Hausdurchsuchung
Falls du eine Hausdurchsuchung hast, bleibt ruhig. Wenn ihr (oder andere, welche die Durchsuchung mitbekommen, z.B. in WG/Hausprojekt) zu Personen abseits einer rechtsanwaltlichen Vertretung Kontakt aufnehmen wollt, sollte dies nur über “sichere” Kanäle geschehen. Es besteht die Gefahr, dass etwa ein normaler Telefonanruf andere Personen mit in eurer Verfahren zieht. Grade wenn Durchsuchungen stattfinden, kann mehr denn je davon ausgegangen werden, dass auch TKÜ-Maßnahmen oder Observationen laufen (und in den Wochen davor liefen). Versuche dich normal zu verhalten (so wie in den Wochen zuvor), wozu es natürlich auch gehört enge Bezugspersonen zu treffen! Macht euch vorher Gedanken, wie ihr in welchen Situationen als Bezugsgruppe sicher miteinander kommunizieren könnt.
Festnahme
Was tun bei einer Festnahme?
Laut auf sich aufmerksam machen!
- Namen rufen, ggf. Wohnort, damit Festnahme dem EA mitgeteilt werden kann.
- Nach Freilassung sofort beim EA melden.
- Wieder Zuhause: Gedächtnisprotokoll anfertigen.
- Kontakt aufnehmen zum EA/Rechtshilfegruppe und weiteres Vorgehen absprechen.
Abtransport
Beim Abtransport (Ingewahrsamnahme oder Festnahme)
- Auf der Fahrt zu Gefangenensammelstelle (Gesa) oder Revieren mit den anderen Festgenommenen über Rechte sprechen, aber mit keinem Wort über das, was Ihr oder Du gemacht hast oder haben sollst (Spitzel!).
- Auf andere achten, sie beruhigen, falls sie mit der Situation schlecht klar kommen. Das beruhigt auch Dich.
- Darüber reden, dass es sinnvoll ist, ab sofort keine Aussagen zu machen.
- Mit den Mitgefangenen Namen und Adressen austauschen, damit die zuerst Freigelassene den EA informieren kann.
Personalienfeststellung
Eine Personalienfeststellung kann im Grunde ohne weitere Begründung durchgeführt werden. Sie findet im Zuge einer Ingewahrsamnahme oft, im Zuge einer Festnahme immer statt. Gegenüber der Polizei müssen nur Angaben gemacht werden, die auch auf dem Personalausweis stehen:
- Name, Vorname, ggf. Geburtsname
- (Melde-)Adresse
- Geburtsdatum und Ort
- Familienstand (z.B. „ledig“)
- Staatsangehörigkeit
- allg. Berufsbezeichnung (z.B. „Student*in“, „Angestellte“) ist juristisch eigentlich nicht notwendig, da nicht in entsprechender Bußgeldvorschrift (§ 111 OWiG) enthalten.
Diese Angaben können auch komplett verweigert werden, das liefert der Polizei aber meist den Vorwand, zu fotografieren, Fingerabdrücke abzunehmen und eine*n länger festzuhalten (was sie aber, wenn sie wollen, ohnehin machen können). Verweigerung der Personalien ist eine Ordnungswidrigkeit und kostet Bußgeld.
ED-Behandlung
Manchmal wird auch direkt eine Erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt: Fotos machen und Fingerabdrücke nehmen. Das müsst ihr leider mitmachen, aber erhebt formlos Widerspruch und lasst das protokollieren! (Zur rechtlichen Seite der ED-Behandlung).
Erste Hilfe bei Polizeigewalt
Bei Gewalterfahrungen durch die Cops auf oder abseits der Demo ist es normal, dass mensch sich sehr aufgewühlt oder traurig bis depressiv fühlen kann. In schlimmen Fällen macht es Sinn, sich psychologische Hilfe zu suchen. Eine erste Beratung, ob das notwenidg ist, könnte durch deinen Hausarzt passieren. Mehr Infos dazu gibt es auch unter der Leseliste von Out-of-Action.
Hilfe gibt’s bei der Roten Hilfe und beim EA
Stadtteilladen Lunte (Neukölln): Weisestraße 53, 12049 Berlin – jeden Mittwoch 18.30 bis 19.30 Uhr
Scherer 8 (Wedding): Schererstraße 8, 13347 Berlin – jeden Dienstag um 19 Uhr
Ladenprojekt association 14a (Kreuzberg): Eingang des Second-Hand-Buchladens Müßiggang, Oranienstr. 14a (Heinrichplatz), 10999 Berlin – jeden 2. & 4. Donnerstag um 18 Uhr
Änderungen natürlich vorbehalten! Checkt die Webseite.
Der Ermittlungsausschuss (EA) Berlin ist bei Demonstrationen geschaltet – live oder der Anrufbeantworter. Wenn ihr festgenommen werdet oder Festnahmen beobachtet, könnt ihr hier anrufen und sofern notwendig anwaltliche Unterstützung erhalten. Die EA-Nummer in Berlin lautet 030 6922222.
Zum Weiterlesen
- Bezugsgruppen-Reader 2019
- OutOfAction – erste emotionale Hilfe bei Polizeigewalt
- Buch: Wege durch die Wüste, Auflage 2016, erschienen bei edition assemblage
- Lassen Sie uns über Mülltonnen reden – Antirepressionszine zum ersten G20-Gruppenprozess (als PDF)
- Der polizeiliche Zugriff auf DNA-Daten
- Rote Hilfe Broschüre: Was tun wenn’s brennt
- Rote Hilfe Broschüre: Aussageverweigerung
- Rote Hilfe Broschüre: Umgang mit Strafbefehlen
Neu: Comic-Story zum Umgang mit DNA
Zum diesjährigen Entsichern-Kongress in Berlin wurde von der Antirepressionsplattform Berlin ein Comic veröffentlicht, das sich mit DNA-Spuren beschäftigt. Durch die teilweise komplizierten Inhalte führt eine alltägliche Geschichte von Menschen, die ein Burschenschaftshaus angreifen und durch DNA-Spuren in Bedrängnis durch die Repressionsbehörden geraten. Auf 32 A5-Seiten geht es um DNA Vermeidung, Zerstörung, Entnahme, Speicherung, Verwertung im Strafverfahren, vor Gericht und danach. Es finden sich Grundlagentexte, aber auch tiefer gehende juristische Ausführungen. Link zum Comic.