Jammernde Polizist*innen und “Arbeitsschutz”: Wie ist es um die Stellen bestellt
Berliner Polizist*innen sind chronisch unzufrieden mit ihrem Job. Sie klagen über eine Belastung durch Überstunden, unflexible Arbeitszeitmodelle, geringe Wertschätzung und mangelnde Vereinbarkeit. „Rot-rot-grün wirkt: Unter SPD-Innensenator Geisel erreicht die Zahl der Überstunden ein Rekordhoch“, schrieb der inzwischen aus der FDP geworfene MdA Marcel Luthe 2018 auf Facebook. Nach einer kleinen Anfrage aus diesem Jahr, erreichten die Überstunden bei der Polizei Dezember 2017 eine Gesamtzahl von 1,4 Millionen Überstunden. Allerdings liegt dies auch an einer neuen Berechnungsmethode. Damals war die Direktion 3 (Mitte, Tiergarten, Wedding) besonders stark von einem Anstieg betroffen. Eine Vergleichbarkeit ist nach der Direktionsreform kaum mehr gegeben. Desweiteren zu beachten: Rund 88% der Überstunden werden ausbezahlt.
Beispiel eines Wechsels: Oliver Stepien
Oliver Stepien, aktuell Polizeipräsident in Brandenburg, war zuvor Vize-Leiter des Berliner LKAs. Er war seit 1984 bei der Polizei, lange im Bereich Betäubungsmitteldelikte, dann beim Staatsschutz als Dezernats- und Abteilungsleiter, bis 2018 Leiter vom LKA 6. Als LKA-Vize wurde er von Barbara Slowik persönlich installiert, als ihr ehemaliger Stabsleiter und Gegenspieler von LKA-Chef Christian Steiof. Zuvor war Steiof alleiniger Leiter des LKA. Auch in Brandenburg ist Stepien als Kontrahent überraschend PolPräs geworden: Vorgesehen war eigentlich Roger Höppner.
Mehr Sachbearbeitungsstellen, fordert daher die FDP, um Polizist*innen von “Routineaufgaben” zu entlasten. Die sollen sich also aufs Kontrollieren und Prügeln konzentrieren, der anschließende lästige Schreibkram wird abgewälzt. Generell 1.000 neue Polizist*innen – heißt eine ständige Forderung. Das Problem: Bereits um die vorhandenen Stellen zu besetzen, wurden zuletzt die Zugangshürden gesenkt. Das heißt, die Forderung nach neuen Stellen (im Haushalt) ist eine Luftnummer. Zudem wird seit Jahren die Polizei Berlin fröhlich aufgebläht. Von 15.985 Polizeivollzugsbeamt*innen im Jahr 2010 ging es über 16.344 Polizist*innen 2015 hoch zu 17.333 Polizist*innen 2019.
Es ist aktuell nicht nur schwierig, die geschaffenen Stellen zu besetzen, sondern auch Polizist*innen in Berlin zu halten. Pro Jahr stellen rund 60-100 Polizist*innen Versetzungsanträge in andere Länder oder zur Bundespolizei. In der letzten Zeit stieg diese Zahl auf rund 150 Polizist*innen. Traumziele sind Brandenburg (40), Sachsen (19) und Mecklenburg-Vorpommern. Ins Saarland möchte niemand. Auch trieb es manch Abtrünnige*n zu den Geheimdiensten.